„Sie sind zurück“ – Konzertbericht zu „Sister Act“

Sie sind zurück – Heidi Thum-Gabler und ihre Musical Company. Was sie abliefern, lässt keine Wünsche offen. Glasklare Soli und eine opulente Ensembleleistung. VonBarbara Würmseher

Rockende Nonnen im gleißenden Rampenlicht kreisen mit den Hüften, tanzen knackige Choreografien und schmettern selig ihr Credo: „Lass uns die Hände falten und uns sexuell enthalten…“. Dazu gesellen sich ein halbseidenes Showgirl, das sich über das karge Klosterleben mokiert („Heilige Scheiße, was ist denn das für ein Schuppen?“), und ein Ganoven-Quartett mit groteskem Macho-Charme und Griff in den Schritt … – Es ist Musical-Zeit in Kaisheim, oder – mit anderen Worten: Sie sind wieder da!

Nach vier Jahren Pause meldet sich Heidi Thum-Gabler mit einer großartigen Musical-Inszenierung zurück. Und mit ihr das fleißige Team im Hintergrund sowie ein leidenschaftliches, fantastisches, leistungsstarkes Ensemble auf der Bühne. Corona-Pandemie, beruflicher Ruhestand, die Gründung eines Vereins, die Suche nach einem neuen künstlerischen Zuhause, nach Sponsoren und Mitstreitern, … all das hat die ungewollt lange Vakanz ausgemacht. Doch nun gibt die Musical-Company Kaisheim Vollgas und knüpft an jene Erfolge an, die die Ära Gabler am Gymnasium Donauwörth geprägt haben. Nach der umjubelten Premiere von „Sister Act“ besteht kein Zweifel daran, dass eine grandiose Fortsetzung folgt. Denn diese Inszenierung ist pures Vergnügen. 

Armin Furthmüller ist nicht nur ein überzeugender Monsignore O’Hara, sondern auch eine feste Größe im Hintergrund des Vereins.

Foto: Barbara Würmseher

Die Geschichte an sich ist relativ banal. Darf sie auch sein, denn es sind die Charaktere, es sind die Lieder und Tänze, die ihr Gehalt geben. Da ist diese abgehalfterte Revue-Sängerin Deloris, die erkennen muss, dass sie ihr Herz an einen Widerling und Mörder gehängt hat. Als Augenzeugin muss sie sich in einem Kloster verstecken, in dem schräg singende Ordensschwestern ein unfrohes Dasein fristen. 

Deloris mischt den drögen Chor zu einer teuflisch guten Girl-Group auf

Deloris, die glitzernde Pailettenkleider liebt, mischt die Mädels in ihren Kutten gewaltig auf und ist auch nicht von der strengen Mutter Oberin auszubremsen. Als sie den drögen Chor zu einer teuflisch guten Girl-Group aufmotzt, fließen immer mehr Spendengelder zum Erhalt der Kirche. Leider wird nicht nur der Papst darauf aufmerksam, sondern auch Killer Curtis. Er setzt seine drei albernen Hilfskräfte auf sie an, greift selbst auch zum Revolver. Doch alles wird gut, denn nach einem köstlichen Showdown siegen die Nonnen in großer Schwesterlichkeit über die vier Dilettanten. 

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Grandios: Die Musical-Company Kaisheim spielt „Sister Act“

Foto: Barbara Würmseher

Für diese Geschichte hat sich die Musical-Company Kaisheim in der alten Turnhalle der Marktgemeinde eingerichtet. Das Bühnenbild ist so schlicht wie funktionell. Zwei schwenkbare Kuben dienen als Mauerwerk, dann als Beichtstuhl, oder als Element für den Nachtclub. Die reduzierte Ausstattung lässt Spielraum für die Bewegungsfreiheit der über 40 Akteure. Sie öffnet den Weg für diese vibrierende Truppe, diese geschmeidige Formation, die dem Publikum einen Abend der Superlative schenkt. 

Alle Hauptdarstellerinnen und -darsteller sind treffsicher besetzt

Es sind diese schönen Stimmen die staunen machen. Es ist diese Bühnenpräsenz der Hauptdarstellerinnen und Hauptdarsteller, die allesamt treffsicher besetzt sind. Annalena Freimuth gibt am Premierenabend eine Deloris mit stimmlicher Strahlkraft. In weiteren Vorstellungen fungiert Carla Luxenhofer in dieser Rolle – sie steht ihr in nichts nach. Die Mutter Oberin wird im Wechsel von Julia Eibel und Julia Mertin gespielt. Letztere ließ bei der Premiere mit ihrem dunklen, warmen Timbre den Atem anhalten.

Große Neuigkeiten: Der Papst kommt! Monsignore O’Hara (Armin Furthmüller) verkündet die Sensation den Nonnen.

Foto: Barbara Würmseher

Entzückend die Jungnonne Schwester Mary Robert, dargestellt von Viktoria Bitomsky, die ihre Soli so glasklar und betörend rein in den Raum setzt. Sophia Wagner darf als Zweitbesetzung im Wechsel mit ihr spielen. Überhaupt beweisen alle diese Marys (Denise Mareis, Ilona Schmid, Franziska Schißler, Nina Sophie Spatz, Stefanie Futschik) faszinierende Ausdrucksstärke ihrer Stimmen. Ebenso sind die Bardamen Michelle (Olivia Würmseher) und Tina (Magdalena Langer) ein wahrer Augen- und Ohrenschmaus.

Das Ensemble ist musikalisch wie tänzerisch außerordentlich gut aufgestellt

Das große Potenzial der Company zeigt sich bis in die kleinste Rolle. Wann immer gesungene Dialoge einzelne Stimmen im Wechsel besonders zur Geltung bringen, wird deutlich, wie außerordentlich gut das Ensemble musikalisch aufgestellt ist. Tänzerisch ohnehin – das ist augenfällig.

Herrlich anzusehen und anzuhören sind auch Curtis (Finn Unglert) und seine Gang: TJ und Ernie (jeweils Lorenz Auer im Wechsel mit Max Berger) sowie Pablo (Gino Stumpf) und Joey (Tobias Haindl). Und der schüchterne Polizist Eddie, „Schwitze Fritze“, (Daniel Furthmüller) gewinnt ohnehin die Herzen im Sturm, da er mit so viel Hingabe seine heimliche Liebe zu Deloris mimt. Seine erträumte Heldenfigur rührt!

Drei Mitglieder aus Curtis‘ Gang rüsten sich, die falsche Nonne zu killen (von links): Tobias Haindl, Gino Stumpf und Max Berger.

Foto: Barbara Würmseher

Armin Furthmüller ist unter rotem Talar als Monsignore O’Hara eine feste Größe der Inszenierung. Doch er ist nicht der einzige Geistliche, der auf der Bühne steht. Zum Gaudium aller hat sich Dekan Robert Neuner dazu überreden lassen, als Papst Robert, der Neunte, zu erscheinen. Das war sicherlich die schnellste „Papstwahl“ aller Zeiten. „Es hat nur zehn Sekunden gedauert, mich zu überzeugen“, so Neuner lachend.

Die vitale Spielfreude schwappt wie eine Welle über die Bühnenrampe

Vor allem aber sind es die großen Ensemble-Nummern, die hinreißend-köstliche Szene beim Mahl „Nonnen haben’s gut“, die opulente dramaturgische Ausgestaltung bei „Singt hinauf zum Himmel“ und all die anderen großen Bühnennummern, die absolut keine Wünsche offen lassen. Die unbeschreiblich vitale Spielfreude der Akteure schwappt über die Bühnenrampe in den Zuschauerraum wie eine große Woge, die alle mitreißt. Strahlende Gesichter, agiles Spiel, synchrone Bewegungssprache – die Präzision, mit der hier gesungen und getanzt wird, reißt das Publikum zu Recht zu Begeisterungsstürmen hin. 

Komische Momente wechseln sich mit emotionalen ab, Lachen und Rührung gehen oft Hand in Hand. Und mehr als einmal kommen regelrechte Slapstick-Einlagen vor wie etwa die burlesken Verfolgungsjagden oder der Song „Hey Schwester“, der die Lachtränen in die Augen treibt. Am Ende freilich überwiegt das Gefühl. Denn das finale „Lasst die Liebe rein“ setzt einen wirklich zu Herzen gehenden Schlusspunkt.

Originalbericht: https://www.augsburger-allgemeine.de/donauwoerth/kaisheim-die-musical-company-kaisheim-mit-einer-fulminanten-sister-act-premiere-id68360406.html

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